Bericht und Fotos von Klaus Oberkandler
Irschenberg. Der Südostbayerische Verband der Obst- und Kleinbrenner hat keine Nachwuchssorgen. Trotz Corona, trotz Rezession, trotz hoher Preissteigerungsraten und anderer Widrigkeiten ist die Mitgliederzahl auch im vergangenen Jahr stabil geblieben. Das kam bei der Jahreshauptversammlung an Mariä Lichtmess im Trachtenheim in Irschenberg deutlich zum Ausdruck: Mit 600 Mitgliedern ist der Verband zwar der kleinste der drei Brennerverbände in Bayern. Er punktete aber auch im letzten Jahr mit einem attraktiven Angebot an Fortbildungsveranstaltungen, von denen auch Nichtmitglieder rege Gebrauch gemacht haben. Und etliche dieser Kursteilnehmer sind Mitglied geworden. Die rührige Vorstandschaft und Geschäftsführung sieht sich auf dem richtigen Weg.
Die Verjüngung der Führungsspitze im vergangenen Jahr hat keine nachteiligen Effekte gehabt. Der neue Vorsitzende Kajetan Schnitzer (28) aus Traunstein und sein Stellvertreter Wolfgang Hillreiner (39) aus Fürstenfeldbruck können auf ein eingespieltes Team mit Kassier Christian Stocker aus Großkarolinenfeld und Geschäftsführerin Andrea Westenthanner aus Burgkirchen bauen – und auf ein solides finanzielles Fundament, das auch Spielraum für neue Projekte lässt.
Der Vorsitzende, der Kassier und die Geschäftsführerin schilderten in ihren Jahresberichten, was sich in ihren Zuständigkeitsbereichen seit der letzten Jahresversammlung am 25. Mai 2022 zugetragen hat. Kajetan Schnitzer würdigte noch einmal die Arbeit seines Vorgängers Andreas Franzl. Er freute sich über die stabile Mitgliederzahl und informierte über Veranstaltungen, bei denen er die Interessen des Verbandes vertreten hat. Das waren neben anderen die Bundesverbandssitzung und ein Parlamentarischer Abend in Berlin, ein Strategieseminar in Veitshöchheim, sowie vor zwei Wochen die Bundesverbandssitzung in Ravensburg.
Trotz hoher Ausgaben einen Überschuss erzielt
Trotz der hohen Ausgaben – vor allem Lohn- und Lohnnebenkosten für die Geschäftsführung sowie Büromiete und Beiträge an den Bundesverband – fiel der Kassenbericht von Christian Stocker positiv aus. Man hatte Kosten von mehr als 60000 Euro. Dennoch erzielte der Brennerverband im vergangenen Jahr einen Überschuss von knapp 6500 Euro, wodurch die Rücklagen auf über 66000 Euro gestiegen sind.
Was den Verband auch für Neueinsteiger so interessant macht, sind die Kurse und Lehrgänge, von denen der Brenner-Grundkurs beim ehemaligen Vorsitzenden Andreas Franzl der absolute Renner ist: Jahr für Jahr ist er ausgebucht; 2022 hielt man wegen des großen Andrangs einen zweiten Kurs ab, der ebenfalls voll besetzt war. Auch Liebhaber edler Brände, die nicht vorhaben, selbst Brenner zu werden, besuchen die Kurse, um sich ein Grundwissen über die Herstellung anzueignen. Bei zwölf Fortbildungsveranstaltungen wurden sieben Referenten eingesetzt und 190 Personen geschult. Fest etabliert hat sich der viermal jährlich stattfindende Brennerstammtisch im Gasthaus zur Post in Traunstein-Kammer. Der nächste findet am 23. Februar statt. Andrea Westenthanner berichtete auch über das monatliche Rundschreiben, mit dem sie per E-Mail mehr als 360 Interessierte erreicht. Eine Veranstaltung mit großer Wirkung nach außen war die Präsentation der Brenner vom 9. bis 13. November auf dem Münchner Viktualienmarkt.
Zu Beginn der Veranstaltung würdigten der Bürgermeister von Irschenberg, Klaus Meixner, Rosenheims Landrat Otto Lederer, Miesbachs stellvertretender Landrat Jens Zangenfeind und die Miesbacher Kreisbäuerin Manuela Zehendmaier die Arbeit der Brenner. Alle Redner stellten dabei die Bedeutung des Obstbrennens für den Erhalt der Streuobstwiesen heraus. Landrat Otto Lederer hob dabei besonders das Projekt Apfel-Birne-Berge hervor, in dem inzwischen 262 alte Apfel- und Birnensorten erfasst sind.
Neue Vorschriften, Regelungen und Verbote drohen
Der Geschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Klein- und Obstbrenner, Gerald Erdrich, informierte anschließend über Entwicklungen auf dem nationalen und internationalen Spirituosenmarkt. Die Weltgesundheitsorganisation WHO plane, Alkoholkonsum als gesundheitsschädigend einzustufen – ohne einen Unterschied zwischen den Produkten zu machen. Gleichzeitig soll ab kommenden Jahr das Rauchen von Haschisch in Deutschland legalisiert werden. Er appellierte an die Politik, das Mittelmaß zu bewahren und das Augenmaß nicht zu verlieren. Es drohen auch neue Vorschriften, die zum Beispiel nach amerikanischem Vorbild Warnhinweise auf Etiketten vorschreiben könnten. Dass die USA in dieser Beziehung kein gutes Vorbild sind, wisse man anhand vieler Beispiele, zum Beispiel den Warnhinweis am Mikrowellenherd, dass dieser nicht zum Trocknen nasser Katzen geeignet sei…
Die EU wolle über kurz oder lang auch Nährwerthinweise auf den Etiketten. Die Angaben sollen sich auf Mengen von 100 Milliliter oder einen Liter beziehen. Das mag bei Bier und Wein zum Beispiel noch realistisch sein. Bei Spirituosen, die üblicherweise in 0,02-Gläsern ausgeschenkt werden, sei eine Bezugsgröße von 100 Millilitern jedoch weder hilfreich noch irgendwie aussagekräftig. Überdies sei eine EU-weite Einführung des Mehrwegsystems für Glasflaschen vorgesehen. Hierbei sei man in Deutschland aber gut aufgestellt.
Neue Flaschen für edle Destillate
Um Flaschen ging es in einem weiteren Tagesordnungspunkt der Jahresversammlung. Der Fachberater für Brennereiwesen an der Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) in Veitshöchheim, Mathias Krönert, informierte über den Fortgang der Vorarbeiten für die neue Bayern-Brand-Flasche. Die LWG habe diese Vorarbeiten nun weitgehend abgeschlossen. In einer lebhaften Diskussion erörterten die Teilnehmer der Versammlung das Für und Wider. Viele hätten auch gerne gewusst, wieviel die neuen 0,5-Liter-Flaschen kosten. Angesichts der derzeitigen Verwerfungen auf dem Energiemarkt, könne man darüber momentan keine seriöse Auskunft geben, sagte Krönert. Die Brenner der drei Verbände müssten zusammen jedoch mindestens 70 000 Flaschen fest bestellen, weil das die Mindest-Produktionsmenge ist.
In die Entwicklung der Flasche, in Muster und in die Herstellung der Gussformen wurden bereits viele tausend Euro investiert. 6000 Euro kostete die Herstellung der ersten Glasmuster, 20000 Euro kosten das Werkzeug bzw. die Gussformen. Der bayerische Staat, der die Marke Bayern Brand maßgeblich fördert, unterstützt das Vorhaben nach Kräften. Die Bedenken, die im Rahmen der Versammlung von mehreren Brennern vorgebracht wurden, veranlassten den Vorsitzenden des Verbandes der Klein- und Obstbrenner Südwürttemberg-Hohenzollern, Andreas Metzler, zu einer Stellungnahme. In Baden-Württemberg würde man sich glücklich schätzen, wenn man auch nur einen Bruchteil der Unterstützung vom Staat bekäme wie jene in Bayern. Er appellierte an die bayerischen Berufskollegen, das Angebot anzunehmen und die Flasche zu nutzen
Es wird nun Aufgabe der drei bayerischen Verbände sein, zum einen den Bedarf zu ermitteln und zum anderen die Nutzerbedingungen für die neuen Flaschen festzulegen.